Schach-Großmeister trainiert neuen oberfränkischen Jugendkader
Neue Wege in der Talentförderung geht der Schachbezirk Oberfranken: Ein 20-köpfiger Jugendkader absolviert am 11. Oktober im Bindlacher Rathaus sein erstes Training. Trainer der oberfränkischen Schachjugend ist kein Geringerer als der Nürnberger Großmeister Michael Prusikin.
„Es muss etwas passieren!“ Darin waren sich die Vorstandsmitglieder des Bezirksverbands einig. Denn Jahr für Jahr sind fast alle Kinder und Jugendlichen, die bei den oberfränkischen Meisterschaften erfolgreich waren, auf bayerischer Ebene leer ausgegangen. Nur wenige Oberfranken schafften den Sprung zu einer deutschen Meisterschaft oder in einen bayerischen Kader. Nach etlichen Diskussionen stand fest: Eine besondere Förderung musste her.
Dabei gab sich der Schachbezirk jedoch nicht mit „irgendeinem“ Trainer zufrieden – ein Großmeister sollte es sein. Da traf es sich gut, dass Klaus Steffan – ehemals Mannschaftsleiter der Ersten des TSV Bindlach-Aktionär – den Kontakt zu Prusikin herstellte, der noch in der vergangenen Saison für Bindlach spielte. Der 30-jährige Prusikin gilt als erfahrener Jugendtrainer, dessen Schützlinge bereits einige Erfolge verbucht haben. Der Schachbezirk entschloss sich dazu, die Trainingsstunden mit dem Großmeister komplett zu bezahlen, damit eine Teilnahme nicht an finanziellen Gründen scheitert. Bindlach – zentral in Oberfranken gelegen – wurde zum Kaderstützpunkt.
22 Nachwuchsspieler aus oberfränkischen Schachvereinen sind in den Kader berufen worden. Bezirksjugendleiter Markus Bergmann und sein Stellvertreter Christoph Kastner haben bei der Auswahl darauf geachtet, dass eine gewisse Spielstärke bereits vorhanden ist – und dass die Spieler neben dem Trainingseifer noch Entwicklungspotenzial haben. Beide sehen die Teilnahme am Kader als große Chance, die jedes Talent nützen sollte.
Bei der Premiere am 11. Oktober im Bindlacher Rathaussaal soll es gleich voll „zur Sache“ gehen: Sechs Stunden Training stehen auf dem Programm. Intensiv will der Großmeister mit den Teilnehmern arbeiten, um deren Spielstärke zu verbessern. Natürlich wird vorausgesetzt, dass die Jugendlichen das Gelernte zu Hause vertiefen und außerdem weiterhin an Turnieren und Mannschaftskämpfen teilnehmen, um Spielpraxis zu sammeln. Im Frühjahr 2009 gibt es dann zwei weitere Trainingstermine für den Kader mit Prusikin.
Die Bayerische Schachjugend hat bereits seit vielen Jahren Jugendkader eingerichtet. Auf Bezirksebene sind Kader allerdings noch die große Ausnahme. Insofern ein echtes Pilotprojekt im Bereich des Denksports, das der Schachbezirk Oberfranken startet.
Zum Jugendkader gehören folgende Spieler:
Fabian Hörmann, Tobias Pfadenhauer, Johannes Pfadenhauer, Tobias Becker (alle Kronacher SK), Matthias Stöcklein (TV Hallstadt), Alexander Kuhlemann, Florian Bücker, Maximilian Schrepfer, Lukas Seubert (alle SC Bamberg), René Stingl, Selina Reithmeier, Christian Küffner (alle SV Thiersheim), Hakan Düzardic, Vincent Fritz, Fabian Lieb (alle SF Windheim), Sven Küspert, Anton Pflug, Jonas Zeidler (alle FC Marktleuthen), Marcus Oberle (SpVgg Wunsiedel), Florian Buschbeck (TV Ebern), Sebastian Strätker, Cynthia Spangenberg (beide TSV Bindlach-Aktionär) und Verena Zier (SpVgg Wunsiedel).
Interview mit Michael Prusikin
„Ich möchte die Begeisterung
für Schach weitergeben“
Herr Prusikin, was halten Sie davon, dass ein Schachbezirk einen Jugendkader bildet? Sind Ihnen ähnliche Projekte in anderen Bezirken bekannt?
Ein Kader auf Bezirksebene ist sicher eine sinnvolle Fördermaßnahme für talentierte Nachwuchsspieler. Der Schachbezirk Mittelfranken hat keinen eigenen Jugendkader; wie die Situation in anderen Bezirken ist, weiß ich ehrlich gesagt nicht.
Was ist Ihr wichtigstes Ziel beim Kadertraining in Oberfranken?
Das Ziel des anlaufenden Trainings ist sicherlich, dass die Teilnehmer im Schach besser werden, ihre DWZ/ELO (Wertungszahlen, aus denen eine Rangliste gebildet wird, Anm. d. Red.) steigern können, sich für den bayerischen Kader empfehlen und so weiter. Spaß machen sollte das Training dabei aber auch.
Was erwarten Sie von den Teilnehmern?
Ich erwarte, dass die Kinder und Jugendlichen meine Begeisterung fürs Schachspiel teilen. Das ist das Wichtigste.
Wie werden Sie das Training aufbauen?
Wir werden uns hauptsächlich mit Endspielen und mit taktischen Motiven beschäftigen.
Was ist für Sie der besondere Reiz daran, Jugendliche zu trainieren? Gibt es Jugendliche, die Sie trainiert haben, die "groß rausgekommen" sind?
Wie schon gesagt, ich liebe das Schachspiel und diese Liebe möchte ich gern weitergeben, das ist meine größte Motivation, Schach zu unterrichten. Mein erfolgreichster Schüler war wohl Dieter Lutz, der im Jahr 2000 die deutsche Meisterschaft U12 gewann (unter anderem vor Arik Braun). Sieben Jahre später wurde er mit 18 Jahren bayerischer Meister bei den Herren. Außerdem gewann die Forchheimer U12-Mannschaft, die ich anderthalb Jahre lang trainiert habe, die deutsche U12-Vereinsmeisterschaft im Jahr 2007.
Zur Person
Michael Prusikin ist 30 Jahre alt, wohnt mit seiner Freundin, einem Hund und einer Katze in Nürnberg. Internationaler Großmeister ist er seit 2004. „Meine größten schachlichen Erfolge waren der geteilte 2. bis 4. Platz bei der DEM 2000, der Sieg bei dem Young Masters Turnier im schweizerischen Zug 1999 und der geteilte 1. bis 3. Platz bei den dritten fränkischen Großmeistertagen 2006“, sagt Prusikin, der bei Turnieren schon namhafte Spieler wie Kortschnoj, Jussupow, Hort, oder Karjakin geschlagen hat. Das große schachliche Hobby des Nürnbergers ist das Komponieren von Studien. Ansonsten liest er viel und geht gern ins Kino.
Jan Fischer
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